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Allgemeines und Vorgeschichte

Der Begriff Baltikum erscheint erstmals in der Endphase des Ersten Weltkriegs als Sammelbezeichnung für das deutsche Okkupationsgebiet auf den Territorien der Ostseegouvernements des Russischen Reiches. Er ist von der Selbstbezeichnung „Balten“ abgeleitet, die sich im späten 19. Jahrhundert die Angehörigen der deutschen Minderheit gewählt hatten. Heute bezeichnen sich die Bewohner der drei Staaten häufig gemeinsam als Balten.

Der Name „Baltikum ist abgeleitet aus der mittellateinischen Bezeichnung für die Ostsee als „mare balticum“, dem „Baltischen Meer“.

Die waldreiche Landschaft ist geprägt von Dünen und Moränen. Die höchste Erhebung des Baltikums ist mit 318 Metern der Suur Munamägi in Estland. Wichtige Städte des Baltikums sind Riga, Tallinn, Vilnius, Kaunas, Klaipėda, Liepāja und Tartu. Außerhalb der Städte sind die Länder nur dünn besiedelt.

Die belegbare Vorgeschichte der Region geht auf erste Spuren der Wiederbesiedlung nach Ende der Eiszeit ca. 11.000 v. Chr zurück. Im späteren Verlauf gab es  Bernsteinhandel mit Rom und Griechenland. Zur Zeit der Völkerwanderung zwischen 500 und 800 n. Chr. drangen verstärkt Slawen ins Baltikum. Aus Schweden kamen Wikinger. Nach anfänglichen Feindseligkeiten entwickelte sich ein schwungvoller Handel. Im Ort Ruß im Memeldelta fanden die Wikinger einen sicheren Hafen, von dem aus sie über die Flusswege weiter nach Osten vordrangen. Von der Bezeichnung dieses Ortes könnten die Bezeichnungen der dort eindringenden Wikinger und später der Russen ihren Namen erhalten haben.

Im Hochmittelalter begann die Christianisierung und Unterwerfung des späteren Baltikums durch die deutschen Ordensritter, die seit Anfang des 13. Jahrhunderts zunächst von Riga aus ins Baltikum vordrangen und bis um 1300 weite Gebiete unter ihre Herrschaft bringen konnten. Einzig Litauen und das damalige Samogitien, ein Teil des heutigen Litauens,  blieben unabhängig. Innerhalb der Ordensherrschaft konnten sich die Handelsstädte weitreichende Freiheiten sichern und gelangten insbesondere im 15. Jahrhundert zu großem Reichtum, als sie als Mitglieder der Hanse den Ostseehandel dominierten. Die baltischen Hafenstädte wurden daher kulturell stark von Deutschland, Dänemark und Schweden beeinflusst . Die Herrschaft des Ordens über die Gebiete des heutigen Estlands und Lettlands (Alt-Livland) endete Mitte des 16. Jahrhunderts in der Zeit der Reformation. Livland und Kurland (im heutigen Lettland) kamen unter polnische Lehnshoheit, Estland wurde schwedisch.

Zarenherrschaft und Zwischenkriegszeit

Im 18. Jahrhundert geriet das Baltikum nach Krieg und polnischen teilungen unter die Herrschaft des russischen Zarenreichs. Diese Herrschaft dauerte bis zum Ersten Weltkrieg, zwei polnisch-litauische Aufstände (Novemberaufstand 1830/31 und Januaraufstand 1863/64) wurden blutig niedergeschlagen. Litauen gehörte bis zum Ersten Weltkrieg zu Russland.

1918 entstanden, im Gefolge des Friedensvertrages von Brest-Litowsk, die unabhängigen Republiken Estland, Lettland und Litauen. Diese mussten sich allerdings umgehend gegen die Machtansprüche der Kommunisten (russische Rote Armee), der Monarchisten (russische Weiße Armee im Verbund mit den von Teilen des deutschen Adels unterstützten deutschen Freikorps) und der Polen zur Wehr setzen. Mit dem Abschluss dieser Bürgerkriegsphase bis 1920 verblieb ein Teil Litauens (Mittellitauen) unter polnischer Hoheit.

Okkupation und Zwangseingliederung in die Sowjetunion 1940 bis 1990

Im deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt von 1939 wurden Lettland und Estland als sowjetische Interessensphäre bezeichnet. Ihr wurde im deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 auch Litauen zugeschlagen, wofür die Sowjetunion eine Vergrößerung des deutschen Besatzungsgebiets in Polen zugestand. Abgesichert durch rasch abgeschlossene Beistandsverträge marschierte die Rote Armee im Herbst 1939 in Stützpunkte in Litauen, Estland und Lettland ein. Nahezu die gesamte deutschstämmige Bevölkerung hatte zuvor von dem deutsch-sowjetischen Angebot Gebrauch gemacht, Estland und Litauen zu verlassen (die Aussiedlung aus Litauen erfolgte erst im Frühjahr 1941). Angesichts der Sowjet-Besatzung stimmten die im Sommer 1940 neugewählten Parlamente der baltischen Staaten der Eingliederung in die Sowjetunion gezwungenermaßen zu.
Konkret sahen die Okkupationen der drei baltischen Länder durch die Sowjetarmee und die Zwangseingliederung wie folgt aus:

Im weiteren Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebiet von der deutschen Wehrmacht besetzt. Es gab tausende baltische Freiwillige, die sich für den Dienst in Divisionen der SS meldeten. Ein anderer Teil der Bevölkerung kämpfte auf Seiten der Roten Armee gegen die deutsche Besatzung. 1944 und 1945 wurden die drei baltischen Republiken schließlich erneut von der Sowjetarmee besetzt und nun definitiv der Sowjetunion einverleibt. Viele Balten flüchteten nach Westen und Übersee. Nach der Besetzung durch Deutschland und dem deutschen Rückzug 1944 und 1945 flohen viele vor dem Eintreffen der Roten Armee in Richtung Westen.

Die Zeit nach Ende des 2. Weltkriegs

Nach dem Krieg wurden baltische Kommunisten aus der Sowjetunion an die Machtpositionen gesetzt. Kollaborateure mit den Deutschen sowie Gegner der Sowjet-Besatzung wurden durch Liquidation, Umsiedlung und GULAG-Haft bestraft. Eine massive baltische Widerstandsbewegung von Partisanen kämpfte noch Jahre nach Kriegsende die sowjetische Besatzungsmacht. Sie suchten Schutz in den Wäldern, weshalb sie sich als Waldbrüder bezeichneten, wurden aber letztlich vom KGB unterwandert und ausgeschaltet.

Die baltischen Bevölkerungen erlebten innerhalb weniger Jahre ab 1940 drei aufeinander folgende gewaltige Liquidations- und Deportationswellen:

In den 1950er-Jahren befanden sich rund 10% der erwachsenen, männlichen Bevölkerung des Baltikums entweder in den Lagern des GULAG oder in der Verbannung in der Sowjetunion.

Von 1944 bis 1990 gehörten Lettland, Estland und Litauen zur Sowjetunion.

Erste Ausstellungstafel zur Konfliktlösung im Baltikum
Baltikum – Tafel 1

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