Mehr zu Liberia und zum Bürgerkrieg

Liberia ist die älteste afrikanische Republik und neben Äthiopien der einzige Staat des afrikanischen Kontinents, der auf eine ununterbrochene Unabhängigkeit zurückblicken kann. Sie wurde nicht zuletzt durch die menschenfreundliche Organisation "American Colonization Society" begründet, auf deren Betreiben befreite Sklaven aus Amerika auf einem 1821 von Großbritannien erworbenen Teilgebiet Sierra Leones angesiedelt wurden. Sie gründeten die nach dem US-amerikanischen Präsidenten Monroe benannte Stadt Monrovia und proklamierten 1847 die Republik Liberia. Aber frei in dem "Land der Freiheit" war nur eine Minderheit, denn die Verfassung nach US-amerikanischen Vorbild, die Institutionen und die US-amerikanische Währung dienten allein der kleinen Gruppe der "Amerikano-Liberianer". Sie betrachteten die einheimischen Afrikaner als zu missionierende und zivilisierende "Wilde" und enthielten ihnen bis in die 1940er Jahre selbst das Wahlrecht vor. Unter Führung der seit 1883 alleinregierenden "True-Whig Party", eine rechtskonservative Partei, trieben sie die einheimische Bevölkerung zur Zwangsarbeit auf die eigenen Farmen und ausländischen Kautschukplantagen.

Als sie in den 1920er Jahren dazu übergingen, Zwangsarbeiter an spanische Plantagenbesitzer auf der Insel Fernando Poo (heute Bioko), die im Golf von Mexico liegt, zu verkaufen, verschlechterten sich die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA und Großbritannien.
Die von Präsident William Tubman (1895-1971) nach dem Zweiten Weltkrieg forcierte "Politik der offenen Tür" brachte umfangreiche ausländische Investitionen ins Land, mit deren Hilfe sich Liberia unter anderem zur Nation mit der größten registrierten Handelsflotte entwickelte. Von den Gewinnen profitierte jedoch nur die kleine Herrschaftselite, so dass sich die sozialen Spannungen vertieften. Diese waren letztendlich für den Militärputsch im Jahre 1980 verantwortlich, bei dem Samuel Doe (1952-1990) die Macht übernahm und die Herrschaft der elitären Minderheit beendete. Doch mit dem Machtwechsel war für den Großteil der Bevölkerung keine Verbesserung der Lebensumstände und keine Normalisierung des politischen Lebens verbunden. Nach kurzzeitigen Kontakten zu einigen sozialistischen Staaten intensivierte Doe die alten Beziehungen zu den USA. Nur so konnte er die seit 1980 immer wieder ausbrechenden Aufstände und Putschversuche überleben. Doch 1990 begann eine Rebellenbewegung unter Führung von Charles Taylor einen Guerillakrieg (Kleinkrieg) gegen die Regierung Does. Im August 1990 konnten die Rebellen, unterstützt von der ECOMOG, eine multinationale Streitkraft, die Hauptstadt erobern und Präsident Doe töten. Zwischen den in rivalisierende Gruppen zerfallenen Rebellen kam es in der Folgezeit zu Machtkämpfen. Der liberianische Bürgerkrieg war hierbei auch mit dem Bürgerkrieg im benachbarten Sierra Leone verbunden, wo Charles Taylor die die Rebellen der RUF (Revolutionary United Front) unterstützte und mit „Blutdiamanten“ gehandelt haben soll. Libyen und Burkina Faso unter Blaise Compaoré beteiligten sich durch Unterstützung der Truppen Taylors. Der erste Bürgerkrieg dauerte sieben Jahre an, bis 1996 in Abuja (Nigeria) ein Friedensabkommen geschlossen wurde. 1997 wurden Wahlen durchgeführt, bei denen Charles Taylor mit etwa 75 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde. Diese Wahlen wurden als frei und fair beurteilt, wobei viele Taylor im Glauben wählten, er würde im Falle einer Niederlage einen erneuten Bürgerkrieg anstreben, um seine Macht zu behaupten.

Dennoch wütete seitdem in dem westafrikanischen Land erneut ein heftiger Bürgerkrieg. Die Gegner von Charles Taylor wollten sich mit dessen Wahlsieg und seiner bisweilen autoritären Regierungsausübung nicht abfinden. So bildete sich 1999 im Norden Liberias die Rebellengruppe Liberians United for Reconciliation and Democracy (Liberianer vereint für Versöhnung und Demokratie - LURD), die gegen die Regierung kämpfte. 2003 kam die Movement for Democracy in Liberia (MODEL) hinzu, welche von der Elfenbeinküste aus operierte und von der dortigen Regierung unterstützt wurde. Im Sommer 2003 kontrollierte die Regierung nur noch ein Drittel des Landes. Zugleich wurde ein internationaler Haftbefehl gegen Taylor wegen der Beteiligung an Kriegsverbrechen der RUF in Sierra Leone ausgestellt.

Auf Druck der LURD und MODEL, der US-amerikanischen Regierung und der ECOWAS willigte Taylor schließlich ein, zurückzutreten und Liberia zu verlassen. Der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo sicherte ihm hierbei ein sicheres Exil in seinem Land zu. Eine der Bedingungen für Taylors Ausreise war die Rücknahme der gegen ihn anhängigen Klage vor dem Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone. Die Rebellen stellten den bewaffneten Kampf ein, US-amerikanische, UN- und ECOWAS-Friedenstruppen wurden stationiert.

Vertreter der liberianischen Regierung und der Rebellenbewegungen LURD und MODEL unterzeichneten am 21. August 2003 in der ghanaischen Haupstadt Accra einen Friedensvertrag und verständigten sich über die Bildung einer Übergangsregierung unter dem 54jährigen Geschäftsmann Gyude Bryant aus Monrovia.

Bryant – Vorsitzender der Liberia Action Party (LAP) und ein führendes Mitglied der bischöflichen Kirche in Liberia – wurde am 14. Oktober 2003 als neuer liberianischer Präsident vereidigt. Seine Amtszeit war bis Oktober 2005 vorgesehen. Er kündigte an, während der übergangsweise zweijährigen Amtszeit eng mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, um Liberia nach vierzehn Jahren Bürgerkrieg in freie Wahlen zu führen.
Die Übergangsregierung löste das Kabinett von Moses Blah ab, der seit 2000 Vizepräsident war und nach dem Rücktritt von Präsident Charles Taylor die Amtsgeschäfte übernommen hatte.

Am 19. September 2003 beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Entsendung einer Friedenstruppe nach Liberia, die das Waffenstillstandsabkommen zwischen der liberianischen Regierung und den Rebellengruppen überwachen, bei der Entmilitarisierung und Wiedereingliederung verschiedener bewaffneter Gruppen helfen und zentrale Einrichtungen des Landes wie Häfen schützen sollte.
Nach Einschätzung der UN waren 2003 noch rund 45.000 meist jugendliche Kämpfer unter Waffen.
Das Mandat für die "United Nations Mission in Liberia" (UNMIL) umfasste 15.000 Soldaten und 1.000 Polizisten und ist damit weltweit der größte Einsatz von "Blauhelmen" der Vereinten Nationen.

Im November 2005 wurde die 67-jährige Ellen Johnson-Sirleaf, eine in Harvard ausgebildete Wirtschaftsexpertin, als erstes freigewähltes weibliches Staatsoberhaupt Liberias gewählt.
Allerdings war sie um ihr Amt nicht zu beneiden. Die Infrastruktur des Landes lag am Boden, jeder zehnte Bürger war ein Flüchtling und 80 Prozent der Einwohner waren von Arbeitslosigkeit betroffen. Zudem fand sie eine Übergangsregierung vor, die in den zwei Jahre genau das tat, was ihre Minister als Rebellen vorher schon getan hatten: sie plünderten Land aus. 2011 konnte Johnson-Sirleaf bei der Präsidentschaftswahl mehr als 90 Prozent der Stimmen für sich gewinnen und wurde somit erneut zur Präsidentin gewählt. Im selben Jahr erhielt sie für ihren gewaltfreien Kampf für Sicherheit von Frauen und Frauenrechte gemeinsam mit ihrer Landsfrau Leymah Gbowee den Friedensnobelpreis.

Quellen:
wikipedia.de, muz-online.de

Erste Ausstellungstafel zur Konfliktlösung in Liberia
Liberia – Tafel 1

Weitere Seiten zu Liberia

Ziviler Ungehorsam
Mehr zum zivilen Unghorsam
Frauen in Weiß
Mehr zu den weißen Frauen
Internationaler Gerichtshof
Mehr zum Internationalen Gerichtshof