Die Gemeinschaft Sant’Egidio

Die Gemeinschaft Sant’Egidio ist eine als „Öffentlicher Verein von Gläubigen in der Kirche“ von der römisch-katholischen Kirche anerkannte Geistliche Gemeinschaft, die 1968 von Andrea Riccardi in Rom als Laienbewegung von Schülern und Studenten gegründet wurde. Sie ist nach ihrem Hauptsitz, dem ehemaligen Kloster Sant’Egidio im römischen Stadtteil Trastevere, benannt. Da die Gemeinschaft Sant’Egidio keinen formellen Ein- oder Austritt kennt, kann die Zahl ihrer Mitglieder nur geschätzt werden. Das Kompendium des päpstlichen Laienrats für internationale Bewegungen nannte für 2006 eine Zahl von 50.000 Mitgliedern.
Alle vier Jahre wählt eine aus ca. 40 Repräsentanten bestehende Wahlversammlung den Präsidenten und einen Rat als richtungweisendes Organ. Derzeitiger (2011) Präsident der Gemeinschaft ist der Geschichtsprofessor Marco Impagliazzo. Außerdem gibt es einen geistlichen Generalassistenten.
Auch im deutschsprachigen Raum gibt es Gemeinschaften, die in Form eines eingetragenen Vereins organisiert sind. Erster Vorsitzender der Gemeinschaft Sant'Egidio e.V. ist Klaus Reder. In der mindestens einmal jährlich stattfindenden Mitgliederversammlung wird über die Arbeit und den Einsatz der Gemeinschaft bei sozialen Projekten beraten und entschieden. Außerdem sind Treffen zur spirituellen Fortbildung mit Vorträgen und Einkehrtagen vorgesehen.

Selbstverständnis und Soziales Engagement

Die Gemeinschaft betrachtet die Auseinandersetzung mit der Bibel, das Hören auf das Wort Gottes, das Gebet, die „Weitergabe des Evangeliums“, die Freundschaft mit den Armen, die Ökumene, den interreligiösen Dialog und den Einsatz für Frieden und Menschenrechte als zentral. Die Mitglieder leben nicht in klösterlicher Gemeinschaft zusammen, sondern versuchen im Alltag Glaube und Leben zu verbinden.

Abends kommen die Gemeinschaften in einer Kirche zu einem offenen Gebet zusammen. Dieses besteht aus Psalmen, Fürbitten, Gesang, Bibellesung und Auslegung. Am Sonntag bildet die Eucharistiefeier den Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Lebens.

Den sozialen Einsatz, im Besonderen durch persönliche Beziehungen, bezeichnet die Gemeinschaft Sant’Egidio als Freundschaft mit den Armen. Dazu gehört die Arbeit für Kinder und Jugendliche: Die  Gemeinschaft organisiert in ca. 70 Ländern sogenannte Schulen des Friedens. Dort sollen die Kinder Lesen und Schreiben lernen und Werte der Menschlichkeit, des Friedens und des Zusammenlebens auf der Grundlage des christlichen Glaubens vermittelt bekommen. Das Land des Regenbogens ist eine weltweite Bewegung der Gemeinschaft, in der sich Kinder für die Rechte von Kindern weltweit einsetzen sollen.

Besonders in Europa richtet die Gemeinschaft ihr Augenmerk auf die Aktion Freundschaft mit alten Menschen, die einsam und verlassen sind. Dies geschieht durch Besuche und Begleitung von Senioren, die allein in ihrer Wohnung oder in Heimen leben. Es wird versucht, den alten Menschen zu helfen, ihren Lebensabend in der gewohnten Umgebung der eigenen Wohnung zu verbringen. Die Gemeinschaft gründete in den 1990er Jahren die Bewegung Es lebe, wer alt ist und versucht, die Rechte der alten Menschen durch zahlreiche Initiativen und Öffentlichkeitsarbeit zu vertreten.

Ein weiterer Schwerpunkt des Engagements ist die Bewegung Die Freunde für Menschen mit Behinderung: Es werden spiritueller Austausch, religiöse Fortbildungen und Freizeitgestaltung für erwachsene Menschen mit Behinderung angeboten. Die Bewegung Die Freunde ist eine von Behinderten der Gemeinschaft getragene Vereinigung, die durch den Verkauf von selbstgemalten Bildern der eigenen Malschule, unter anderem das DREAM-Programm für die AIDS-Kranken in Afrika unterstützt.Die Bewegung Menschen des Friedens ist ein Zusammenschluss von Menschen aus verschiedenen Völkern, Kulturen und Religionen, die einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben, zu Dialog und Gastfreundschaft sowie zu einer toleranten und offenen Gesellschaft leisten möchten. Die Gemeinschaft war als Moderatorin oder Beobachterin an zahlreichen erfolgreichen Friedensverhandlungen beteiligt, etwa für Guatemala, den Kosovo, die Elfenbeinküste, den Südsudan. Der Einsatz in Algerien hingegen scheiterte und wurde von verschiedener Seite kritisiert. Ihr bedeutendster diplomatischer Erfolg ist die Vermittlung des Friedensvertrags für Mosambik am 4. Oktober 1992, dem Allgemeinen Friedensabkommen von Rom. Es beendete einen sechzehnjährigen Bürgerkrieg; hier arbeitete die Gemeinschaft mit der UN und zahlreichen Staaten zusammen.

Dream-Programm

DREAM (Drug Resource Enhancement against AIDS and Malnutrition) ist ein Programm zur Bekämpfung von HIV/AIDS in Afrika. Es kombiniert medizinische Maßnahmen wie die AIDS-Therapie, die Vorbeugung gegen die Mutter-Kind-Übertragung von HIV und die Behandlung von opportunistischen Infektionen mit nicht-medizinischen Aktivitäten, z. B. Aufklärung, Einbeziehung von HIV-positiven Personen in die Versorgung der Patienten (Aktivisten), Aufbau von Selbsthilfegruppen, Fortbildung von medizinischem Personal oder Lebensmittelhilfen. Dabei strebt DREAM einen europäischen Standard der medizinischen Leistungen an. Alle Leistungen sind für die Patienten kostenlos. Seit 2002 richtete DREAM in zehn afrikanischen Ländern (Mosambik, Malawi, Tansania, Kenia, Angola, Nigeria, Kamerun, Guinea, Guinea-Bissau, DR Kongo) 31 Tageskliniken ein, vor allem in staatlichen und kirchlichen Gesundheitseinrichtungen. Alle Zentren sind in die jeweiligen nationalen AIDS-Programme integriert und arbeiten nur mit lokalem Personal.

Einsatz zur Abschaffung der Todesstrafe

Seit 1998 setzt sich die Gemeinschaft für ein weltweites Moratorium der Todesstrafe ein. Dazu wurde ein Appell verfasst, für den bis November 2007 über 5 Millionen Unterschriften auf allen Kontinenten gesammelt wurden. Nach Auffassung der Gemeinschaft hat dieser Einsatz in Zusammenarbeit mit der WCADP (World Coalition against the Death Penalty) dazu beigetragen, dass die UNO-Vollversammlung am 18. Dezember 2007 mit großer Mehrheit für eine Resolution stimmte, die weltweit ein Moratorium fordert.

Friedenstreffen

Beim Weltgebetstreffen 1986 in Assisi halfen Mitglieder der Gemeinschaft Sant’Egidio bei der logistischen Durchführung. Davon inspiriert organisiert die Gemeinschaft seitdem jährliche „Internationale Friedenstreffen“. Um den Vorwurf des Synkretismus zu entkräften, finden die Gebete bei diesen Treffen zeitgleich, aber in getrennten Räumen statt, so dass die Angehörigen jeder Religion gemäß ihrer eigenen Tradition beten können. In den letzten Jahren nehmen außer Religionsvertretern auch zunehmend Intellektuelle an den Treffen teil, die sich einem säkularen Humanismus verpflichtet fühlen.

In Deutschland fanden bisher zwei Treffen statt. Das erste wurde 2003 in Aachen ausgerichtet. 2011 fand das Treffen in Zusammenarbeit mit dem Erzbistum München und Freising in München unter dem Motto „Zusammen leben - unsere Bestimmung“ statt. Es wurde zeitlich und inhaltlich im Hinblick auf den vor zehn Jahren stattgefundenen Anschlag auf das World Trade Center und dessen Folgen organisiert. Im September 2012 fand auf Einladung der Gemeinschaft Sant'Egidio in Sarajevo ein weiteres Friedenstreffen statt, bei dem zum ersten Mal seit Ende der Jugoslawienkriege Muslime, Juden sowie katholische und orthodoxe Christen zusammenkamen.

(Erstellt unter Verwendung von Informationen Wikipedias)

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